Fast 1000 km vom Hangenstein

Nach dem ersten 1000er vom Hangenstein (Pilot: Roger von Bank) im letzten Jahr gelingt Julian Klemm am 18. Juni ein Dreiecksflug von 996 km (Link zum Flug im OLC). Er berichtet:

Die Wetteraussichten sind vielversprechend. Somit ist klar: Morgen wird geflogen. Eine detaillierte Flugplanung ist bei größeren Streckenflügen ist ein absolutes Muss und erfolgt meist schon am Vorabend. Diverse große Dreiecke zeichne ich in mein Flugvorbereitungsprogramm am Computer und versuche das Bestmögliche aus den Vorhersagen für den kommenden Tag heraus zu holen.

 

Die erste Wende bereitet mir Kopfzerbrechen. Zuerst muss es in den Schwarzwald gehen. Nicht zu weit, um keine Zeit zu verlieren. Aber weit genug, um eine möglichst große Dreiecks-Stecke zu schaffen. Endlich steht die Aufgabe fest. Der erste Wendepunkt soll 15 Kilometer südlich der Hornisgrinde liegen. Dann Richtung Nordosten nach Brotterode im Thüringer Wald, 10 km südlich von Eisenach. Von da aus den kompletten Thüringer Wald entlang und weiter über den Bayrischen Wald bis nach Arnbruck, südöstlich von Cham, direkt an der tschechischen Grenze. Von da aus sind es dann „nur“ noch knapp 300 Kilometer zurück nach Mühlacker. Allerdings wird es dann schon früher Abend sein.
Es liegt also eine Strecke von über 900 Kilometer vor mir. Ein nahezu gleichseitiges Dreieck. Die Königsdisziplin im Streckensegelflug. Neun Stunden wird der Flug mindestens dauern. Hoffentlich wird die Thermik so lange halten. 1000 km vom Hangenstein sind eigentlich das große Ziel. Aber dafür erscheint mir das Wetter dann doch nicht gut genug.
Am nächsten Tag stehe ich bei Zeiten auf und studiere noch einmal die neuesten Wetterkarten, um meine Planung zu bestätigen. Die Meteorologen lassen nur wenige Zweifel und die Chancen stehen gut, die Strecke zu bewältigen. Also geht es früh auf den Flugplatz, um unser Flugzeug, einen Discus 2cT mit 18m Spannweite aufzurüsten. Punkt 10 Uhr zieht mich mein Vater mit dem neuen vereinseigenen Schleppmotorsegler in Richtung Pforzheim, in 1000 m über Grund klinke ich und steuere von dort aus die erste Wende im Schwarzwald an. Das Wetter stellt sich so früh am Tag schon als hervorragend dar, ich kann schöne Aufwindreihungen nutzen und meine Wende locker im geplanten Zeitfenster erreichen.
Von der Hornisgrinde aus führt mich mein Flugweg am Stadion von Sinsheim vorbei, Heilbronn lasse ich rechts liegen und durchgleite den Odenwald, bevor ich den Spessart  unter meiner linken Fläche vorbeiziehen sehe.  Dank der guten Wetterbedingungen benötige ich für den ersten Streckenabschnitt von 350 km nur etwa 3 Stunden und muss nur wenig kreisen. Durchschnittsge-schwindigkeit 116 km/h. Die Wolkenbasis steigt nun an. Höhen von bis zu zweitausend Meter kann ich ersteigen, welche aber im recht hohen Gelände des Thüringer Waldes auch bitter nötig sind, um über unlandbarem Gelände immer einen sicheren Abstand zum Boden zu haben.
Weiter geht es den Thüringer Wald entlang. Auch heute wird er seinem Ruf als „Thermischer Hotspot“ absolut gerecht. Viele malerische Dörfer überfliege ich, bevor ich den Sprung in den Bayrischen Wald wage. Ohne jegliche Probleme gelingt er mir, und ich kann meinen dritten Wendepunkt bei Arnbruck kurz nach 16.00 Uhr umrunden.
Jetzt geht es Richtung Heimat. Ich überfliege die Fränkische Alb in Richtung Westen bis der Stuttgarter Luftraum einen Schlenker nach Norden notwendig macht. Trotz der späten Stunde gelingt der Einstieg in die Löwensteiner Berge problemlos. Als ich den Flugplatz Mühlacker um 19.00 Uhr passiere, kann ich noch schwache Abendthermik auskreisen und meine Strecke sogar noch bis Freudenstadt und zurück verlängern.


Um 20.15 Uhr lande ich schließlich nach 996 km Wertungsdistanz auf unserem Flugplatz. Aufgabe geschafft! Und doch, diese verflixte erste Wende im Schwarzwald… Hätte ich sie doch etwas weiter in den Süden gelegt… Ach, was soll’s… Trotzdem ein wunderschöner Flug, den ich nicht so schnell vergessen werde. Glücklich und sehr müde fahre ich nach Hause. Für den 1000-km-Flug habe ich ja noch ein bisschen Zeit.